Blog 25. März 2013

Es bleibt nicht mehr viel Zeit

Skulptur vor dem UNO-Gebäude in New York.

Bei den Verhandlungen über einem Waffenhandelsvertrag bei der UNO in New York wurde ein neuer Vertragsentwurf vorgelegt. Amnesty International sieht "schwerwiegende Mängel" in dem Text.

Dr. Verena Haan ist Referentin für "Rüstungskontrolle und Menschenrechte" in der Abteilung "Länder, Themen und Asyl" der deutschen Amnesty-Sektion. Seit dem 18. März 2013 ist sie als Mitglied der Amnesty-Delegation bei den Verhandlungen über einen Waffenhandelsvertrag in New York vor Ort. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt setzt sie sich für einen starken Menschenrechtschutz in dem Abkommen ein.

 

Seit einer Woche laufen in New York die Verhandlungen über einen Waffenhandelsvertrag ("Arms Trade Treaty", ATT), und ich bin mittendrin – zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen von anderen Amnesty-Sektionen.

Es ist einen spannende, aber auch eine anstrengende Zeit. Mal müssen wir stundenlang auf Neuigkeiten oder Gesprächstermine warten, dann muss wieder alles sehr schnell gehen, wenn wir beispielsweise die Gelegenheit haben, uns mit Delegierten über den aktuellen Stand der Verhandlungen auszutauschen und ihnen unsere Standpunkte deutlich zu machen, oder wenn wir uns untereinander und mit unseren Sektionen "zuhause" abstimmen müssen.

Am Freitagabend war es dann endlich soweit: der neue Vertragsentwurf, der erstmals auch inhaltliche Veränderungen enthielt, wurde präsentiert.

Dieser Entwurf hat einige Verbesserungen gebracht, ist aber in vielen Punkten zu schwach, leider auch was die "Goldene Regel" betrifft. Sie schreibt vor, dass Staaten den Export von Waffen und anderen Rüstungsgütern nicht genehmigen drürfen, wenn damit schwere Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts begangen werden können. Doch die vorliegende Vertragsfassung sieht nicht vor, dass Staaten Waffenlieferungen verbieten, selbst wenn sie wissen, dass die Rüstungsgüter für außergerichtliche Hinrichtungen, Massenerschießungen, Folter oder Verschwindenlassen verwendet werden.

Amnesty International sieht daher "schwerwiegende Mängel" in dem Text und fordert die Delegationen auf, in den verbleibenden vier Verhandlungstagen die Schlupflöcher in dem Vertragstext zu schließen. Wir werden uns daher in unseren Lobbygesprächen darauf konzentrieren, die "Goldene Regel" zu stärken, aber auch andere Punkte werden wir weiterverfolgen.

Die wichtigeren Gespräche finden jedoch in Arbeitsgruppen am Rande der Konferenz statt, in denen die Staaten Vorschläge zu bestimmten Themen erarbeiten sollen. Bei diesen Treffen dürfen wir leider nicht anwesend sein.

Der internationale Generalsekretär von Amnesty International, Salil Shetty (rechts), betonte bei der UNO-Konferenz in New York die Wichtigkeit der "Goldenen Regel" für einen starken Waffenhandelsvertrag.

In der vergangenen Woche hatten Vertreter von NGOs vor dem Plenum der Konferenz gesprochen, darunter auch Salil Shetty, der internationale Amnesty-Generealsekretär. Er machte noch einmal eindrucksvoll unsere Position deutlich und erinnerte daran, weshalb die Welt einen starken ATT braucht: um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und Menschenleben zu retten.

In den vergangenen Tagen habe ich viele Gespräche mit Mitgliedern der Delegation des Auswärtigen Amtes und anderer Staaten geführt. Am Dienstag war eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten in New York. Bei einem Empfang beim Deutschen Botschafter für die Vereinten Nationen im "Deutschen Haus" konnte ich ihnen sowie Vertretern der deutschen Delegation, des Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisation unsere Position darlegen. Sollte es zum Vertragsschluss kommen, sind die Bundestagsabgeordneten interessiert an einem weiteren Austausch mit Amnesty.

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Brian Wood und Alberto Estevez sind ebenfalls Mitglieder der Amnesty-Delegation bei der UNO-Konferenz in New York. In diesem Video schildern sie ihre Eindrücke von den Verhandlungen (auf Englisch).  Video auf YouTube anschauen

Nach der Präsentation des aktuellen Vertragsentwurfes am Freitag sind die Diskussionen mit den Delegierten lebhafter geworden und finden auch spätabends und auch am Sonntag statt. Die Konferenz hat jetzt eine neue Dynamik entwickelt, die Staaten und die Vertreter der NGOs positionieren sich teilweise neu, um in der letzten Konferenzrunde die gewünschten Änderungen noch durchzubringen.

Der nächste Vertragsentwurf wird kommenden Mittwoch veröffentlicht. Es ist zugleich auch der letzte Entwurf – über ihn wird Donnerstag abgestimmt.

Uns bleibt also nicht mehr viel Zeit, um dafür zu sorgen, dass inhaltliche Änderungen an dem Text vorgenommen werden. Änderungen, die Leben retten könnten.

Im Moment ist es schwierig zu sagen, ob die Verhandlungen zum Erfolg führen werden oder nicht – aber wir geben nicht auf.

 

Weitere Informationen zur Amnesty-Kampagne "Hände hoch für Waffenkontrolle" gibt es hier: www.amnesty.de/haendehoch

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