Amnesty Report 09. Mai 2012

Kongo (Republik) 2012

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Kongo Staats- und Regierungschef: Denis Sassou-Nguesso Todesstrafe: in der Praxis abgeschafft Einwohner: 4,1 Mio. Lebenserwartung: 57,4 Jahre Kindersterblichkeit: 128,2 pro 1000 Lebendgeburten

Es gingen Berichte über Folter und andere Misshandlungen durch Angehörige der Sicherheitskräfte ein, die in einigen Fällen den Tod der Opfer zur Folge hatten. Drei Asylsuchende aus der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), die seit nahezu acht Jahren ohne Anklage und Gerichtsverfahren in Gewahrsam gehalten wurden, blieben weiterhin inhaftiert. Sicherheitskräfte nahmen Regierungskritiker willkürlich fest oder misshandelten sie. Wie erwartet begannen die Behörden mit der Aufhebung des Flüchtlingsstatus für die meisten Flüchtlinge aus Ruanda und Angola. Mindestens drei Gefangene wurden zum Tode verurteilt.

Hintergrund

Im Februar 2011 unterzeichnete Präsident Sassou-Nguesso ein Gesetz zum Schutz der Rechte der indigenen Völker, mit dem auch ihre Bezeichnung als "Pygmäen" (Pygmies) unter Strafe gestellt wurde.

Die Regierung der DR Kongo beschuldigte die Republik Kongo, eine bewaffnete Gruppe zu unterstützen, die im Februar die Residenz des Präsidenten der DR Kongo, Joseph Kabila, angegriffen haben soll. Der ehemalige General der Armee der DR Kongo, Faustin Munene, der als Anführer dieser bewaffneten Gruppe gilt und in die Republik Kongo geflohen war, beantragte in Polen Asyl. Er war am 4. März in Abwesenheit von einem Militärgericht der DR Kongo, das ihn der Anstiftung zur Rebellion für schuldig befunden hatte, zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Im Juli leitete die Regierung von Gabun entscheidende Schritte zur Beendigung des Flüchtlingsstatus von 9500 Kongolesen ein, von denen die meisten in den 1990er Jahren wegen des bewaffneten Konflikts aus der Republik Kongo geflüchtet waren.

Diejenigen, die in Gabun bleiben wollten, konnten entweder eine Aufenthaltserlaubnis nach gabunischem Recht beantragen, um fortan als Migranten im Land zu leben, oder einen Antrag auf Ausnahme von der Beendigung des Flüchtlingsstatus stellen. Das Büro des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) unterstützte 685 Kongolesen bei ihrer Rückkehr in die Republik Kongo und 900 weitere bei der Beantragung von Aufenthaltsgenehmigungen in Gabun.

Präsident Sassou-Nguesso besuchte im November Ruanda. Berichten zufolge soll seine Delegation mit ruandischen Regierungsvertretern die Beendigung des Flüchtlingsstatus für ruandische Flüchtlinge in der Republik Kongo besprochen haben.

Folter und andere Misshandlungen

Angehörige der Sicherheitskräfte folterten 2011 Gefangene oder misshandelten sie anderweitig, ohne zur Verantwortung gezogen zu werden. In einigen Fällen starben die Opfer infolge dieser Misshandlungen. Die Justizbehörden reagierten nicht auf Beschwerden von Angehörigen jener Gefangenen, die in früheren Jahren in der Haft gestorben waren.

  • Anicet Elion Kouvandila starb am 2. Juni, nachdem er in der Lumumba-Polizeistation in der Hauptstadt Brazzaville acht Tage lang festgehalten und brutal geschlagen worden war. Verwandte fanden seinen toten Körper in einem Leichenschauhaus, wo er unter einem anderen Namen registriert worden war.

  • Blanche Kongo, eine schwangere Frau, wurde am 17. Oktober zusammen mit ihrem Kind von der Polizei, die ihren Ehemann wegen eines mutmaßlichen Diebstahls suchte, festgenommen. Blanche Kongo wurde auf der Polizeistation Mbota verprügelt und erlitt eine Fehlgeburt.

  • Am 28. August wurden Jean Karat Koulounkoulou und Rock Inzonzi von einem Leutnant der Armee bei einem Streit um Landbesitz brutal geschlagen. Der Leutnant grub die beiden Männer bis zum Hals ein und drohte ihnen, sie lebendig zu begraben. Ein örtlicher Regierungsbeamter und ein Polizist stoppten die Misshandlung, doch wurde gegen den Leutnant nichts unternommen.

Flüchtlinge und Asylsuchende

  • Ende November 2011 wurden drei Asylsuchende aus der DR Kongo – Germain Ndabamenya Etikilime, Médard Mabwaka Egbonde und Bosch Ndala Umba –, die seit fast acht Jahren ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Brazzaville inhaftiert waren, aus dem Gewahrsam des Militärs entlassen und an die Grenzschutzbehörde Direction Générale de Surveillance du Territoire überstellt. Regierungsbeamte versicherten internationalen Delegierten von Amnesty International im Dezember, dass die Situation der drei Männer bald geregelt werde, machten jedoch keine weiteren Angaben dazu. Den Amnesty-Vertretern wurde der Zugang zu den Gefangenen verwehrt. Zum Jahresende gab die Regierung der Republik Kongo bekannt, dass im Jahr 2012 der Flüchtlingsstatus von fast 8000 ruandischen und 800 angolanischen Flüchtlingen geändert werde, da in beiden Ländern eine fundamentale, dauerhafte und stabile Veränderung der Verhältnisse eingetreten sei. Kongolesische Beamte erklärten, dass kein Flüchtling zur Rückkehr gezwungen werde, machten jedoch keine Angaben über den Status derjenigen, die sich für den Verbleib in der Republik Kongo entscheiden würden.

Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit

Die Behörden lösten 2011 Demonstrationen von Regierungsgegnern auf. Ein Regierungsgegner wurde vorübergehend in Haft gehalten.

  • Der Blogger und Regierungskritiker Eric Mampouya wurde am 7. August nach seiner Ankunft auf dem Flughafen Brazzaville willkürlich festgenommen. Er kam aus Frankreich, wo er seinen Wohnsitz hatte. Angehörige der Sicherheitskräfte hielten ihn rechtswidrig zehn Stunden lang fest, bevor sie ihn mit der Ermahnung, die Regierung künftig nicht mehr zu kritisieren, wieder freiließen.

  • Der Koordinator der Versammlung Junger Patrioten (Rassemblement des Jeunes Patriotes – RJP), Jean-Marie Mpouele, und mehrere Mitglieder der Organisation wurden am 1. September von bewaffneten Männern in Zivilkleidung, bei denen es sich um Angehörige der Sicherheitskräfte gehandelt haben soll, geschlagen. Die Gruppe hatte versucht, in Brazzaville eine Demonstration durchzuführen.

Verschwindenlassen

Eine Delegation der UN-Arbeitsgruppe zur Frage des Verschwindenlassen von Personen stattete der Republik Kongo zwischen dem 24. September und 3. Oktober 2011 einen Besuch ab, um sich über die von der Regierung unternommenen Anstrengungen zur Untersuchung und Verhinderung des Verschwindenlassens von Personen zu informieren. Der Schwerpunkt der Gespräche lag auf dem im Jahr 1999 erfolgten "Verschwinden" von etwa 350 aus der DR Kongo zurückgekehrten Flüchtlingen und dem im Jahr 2005 durchgeführten Gerichtsverfahren gegen 16 Sicherheits- und Regierungsbeamte, bei dem keine individuelle strafrechtliche Verantwortung ermittelt worden war. Die UN-Arbeitsgruppe legte der Regierung mehrere Empfehlungen vor. Dazu gehörte der Erlass eines Gesetzes, welches das Verschwindenlassen von Personen unter Strafe stellt.

Todesstrafe

Im Juli 2011 wurden drei Männer zum Tode verurteilt, nachdem sie von einem Gericht wegen Handels mit menschlichen Knochen schuldig gesprochen worden waren. Die Behörden gaben keine Auskunft über die Anzahl der Menschen, die sich zum Jahresende im Todestrakt befanden.

Amnesty International: Mission

Delegierte von Amnesty International besuchten die Republik Kongo im Dezember.

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