Amnesty Report Finnland 15. Mai 2017

Finnland 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Änderungen am Asylverfahren wirkten sich für Asylsuchende negativ aus. Die Hilfsangebote für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden waren, blieben unzureichend. Die Gesetzgebung zur Anerkennung des amtlichen Geschlechts verstieß auch weiterhin gegen die Rechte von Transgeschlechtlichen. Es gab Vorschläge für Verfassungsänderungen, die das Recht auf Privatsphäre einschränken würden.

FLÜCHTLINGE UND MIGRANTEN

Im September 2016 wurde das Recht auf einen kostenlosen Rechtsbeistand bei der Befragung im Asylverfahren auf Antragsteller mit außergewöhnlichem Hilfebedarf beschränkt. Die Fristen für Rechtsmittel wurden von 30 auf 21 Tage in der zweiten Instanz und auf 14 Tage in der dritten Instanz reduziert. Durch die Änderungen stieg die Wahrscheinlichkeit der Abschiebung von Asylsuchenden in Länder, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen.

Die Familienzusammenführung war auf Personen mit sicherem Einkommen beschränkt, dessen Höhe eine unverhältnismäßig hohe Schwelle darstellte. Sonstige Verwaltungsbeschränkungen und praktische Probleme beim Asylverfahren hatten negative Auswirkungen auf Flüchtlinge und andere Personen unter internationalem Schutz – darunter auch unbegleitete Minderjährige –, die ihr Recht auf Familienleben wahrnehmen wollten.

Die Behörden hielten an ihrer Praxis der Inhaftierung von unbegleiteten Minderjährigen sowie Familien mit Kindern auf der Grundlage ihres Migrationsstatus fest. Für die Inhaftierung von Familien mit Kindern gab es keine zeitliche Begrenzung.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

Die Gesetzgebung zur Änderung des amtlichen Geschlechts verstieß nach wie vor gegen die Rechte transgeschlechtlicher Personen. Nach dem Gesetz zur rechtlichen Anerkennung des Geschlechts von Transgeschlechtlichen (Trans-Gesetz) konnten Transgeschlechtliche nur dann eine Anerkennung ihres amtlichen Geschlechts und die damit einhergehende offizielle Anerkennung der gewünschten Geschlechtsidentität erreichen, wenn sie sich mit einer Sterilisierung einverstanden erklärten, unter einer psychischen Erkrankung litten und volljährig waren.

Im April 2016 äußerte der Nationale Ethikbeirat für Sozial- und Gesundheitsfürsorge die Besorgnis, dass intersexuelle Minderjährige ohne vorherige und informierte Zustimmung unnötigen medizinischen Maßnahmen unterzogen werden.

GEWALT GEGEN FRAUEN UND MÄDCHEN

Hilfsangebote für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden waren, blieben unzureichend und unterfinanziert und unterschieden sich erheblich von Gemeinde zu Gemeinde. Auch waren die Anzahl derartiger Unterkünfte und die Voraussetzungen für Barrierefreiheit nach wie vor unzureichend. Es gab weder Akutsprechstunden noch langfristige Hilfsangebote für Gewaltopfer oder eine ganztägig nutzbare landesweite Notrufnummer für Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt.

Die Definition von Vergewaltigung im Strafgesetzbuch schloss weiterhin nicht die "fehlende Zustimmung" ein. In Fällen von Beziehungsgewalt wurde nach wie vor überwiegend mit Mediation gearbeitet.

Im September 2016 bereitete das Ministerium für Gesundheit und Soziales einen zweiten Verordnungsentwurf für die Schaffung eines Gremiums zur Koordination der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen vor.

RECHT AUF PRIVATSPHÄRE

Im Oktober 2016 wurde ein Entwurf zu einer Verfassungsänderung vorgestellt, die eine Einschränkung des Rechts auf Privatsphäre vorsieht. Sie soll die Sammlung von Informationen über Gefahren für die nationale Sicherheit ermöglichen, indem sie militärische und zivile Ermittlungsbehörden dazu berechtigt, Kommunikation auch ohne Hinweis auf eine konkrete Straftat zu überwachen.

KRIEGSDIENSTVERWEIGERER

Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen mussten nach wie vor Haftstrafen verbüßen, wenn sie den alternativen Zivildienst aufgrund seiner Länge sowie seines bestrafenden und diskriminierenden Charakters ablehnten. Die Dauer des Zivildienstes betrug 347 Tage, er war damit mehr als doppelt so lang wie der kürzeste Militärdienst, der 165 Tage dauerte.

Weitere Artikel