Amnesty Report Kuwait 18. Mai 2017

Kuwait 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Die Regierung schränkte das Recht auf freie Meinungsäußerung 2016 noch weiter ein. Regierungskritiker, darunter gewaltlose politische Gefangene, wurden wegen Diffamierung strafrechtlich verfolgt und inhaftiert. Bidun sahen sich immer noch benachteiligt und konnten keine bürgerlichen Rechte wahrnehmen. Arbeitsmigranten waren nicht ausreichend gegen Ausbeutung und Misshandlungen geschützt. Gerichte fällten weiterhin Todesurteile, es gab jedoch keine Berichte über Hinrichtungen.

HINTERGRUND

Das Parlament verabschiedete am 31. Dezember 2015 ein Gesetz, das die Volljährigkeit von 18 auf 16 Jahre herabsetzt. Wenn es im Januar 2017 in Kraft tritt, können 16- und 17-Jährige unter dem Erwachsenenstrafrecht vor Gericht gestellt und in einigen Fällen sogar zum Tode verurteilt werden.

Der UN-Ausschuss gegen Folter prüfte im Juli 2016 Kuwaits Bericht zur dritten regelmäßigen Überprüfung. Anschließend äußerte der Ausschuss seine Bedenken bezüglich der vorgeschlagenen Änderungen der Strafprozessordnung, denen zufolge sich der Zeitraum, in dem die Polizei straftatverdächtige Personen in Gewahrsam halten kann, auf vier Tage verdoppeln würde. Dann erst müssten Gefangene einem Haftrichter vorgeführt werden. Außerdem würde sich die Dauer der Untersuchungshaft von zehn auf maximal 21 Tage verlängern.

Ebenfalls im Juli 2016 prüfte der UN-Menschenrechtsausschuss Kuwaits dritten Bericht zur Umsetzung der Bestimmungen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und sprach Empfehlungen an die Regierung aus. Der Ausschuss legte ihr eine Reform der Gesetze zu Blasphemie und Diffamierung nahe und empfahl, häusliche Gewalt, darunter Vergewaltigung in der Ehe, unter Starfe zu stellen und das Problem der Staatenlosigkeit der Bidun endlich zu lösen.

Kuwait beteiligte sich weiterhin an einer von Saudi-Arabien geführten Militärallianz im Jemen (siehe Länderbericht Jemen).

RECHTE AUF MEINUNGS- UND VERSAMMLUNGSFREIHEIT

Die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter ein. Ein neues Gesetz zur Internetkriminalität trat im Januar 2016 in Kraft und engte die Möglichkeiten der Meinungsäußerung im Internet noch stärker ein. Friedliche Kritik an der Regierung, dem Justizwesen und anderen Institutionen ist damit strafbar und kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis geahndet werden. Ebenfalls im Januar billigte das Parlament ein Gesetz zu elektronischen Medien, das alle Online-Veröffentlichungen wie Nachrichtensendungen im Internet, Online-Zeitungen, Fernsehen, soziale Netzwerke und Blogs kontrollieren soll. Zum Betreiben dieser Medien ist jetzt eine staatliche Lizenz gesetzlich vorgeschrieben. Das neue Gesetz wurde im Juli eingeführt. Im Februar 2016 wurde das Gesetz zu Druckerzeugnissen und Veröffentlichungen geändert und umfasst jetzt auch Online-Veröffentlichungen. Im Juni 2016 trat ein neues Gesetz in Kraft, welches alle Personen mit bestätigten Vorstrafen wegen Beleidigung Gottes, der Propheten oder des Emirs von einer Kandidatur als Parlamentsabgeordnete ausschließt. Dies bedeutet in der Praxis, dass einige Regierungskritiker nicht ins Parlament gewählt werden können.

Im März 2016 wurde die Immunität von Abdulhamid Dashti, einem schiitischen Parlamentsabgeordneten der Opposition, aufgehoben. Er ging daraufhin ins Ausland, doch drohten ihm auf der Grundlage verschiedener Anklagen mehrere separate Prozesse. Manche der Vorwürfe bezogen sich auf seine friedliche Kritik an den Regierungen von Bahrain und Saudi-Arabien, die er im Internet und in anderen Medien geäußert hatte. Im Zusammenhang mit den Anklagen drohten Abdulhamid Dashti bis zu 40 Jahre Haft. Im Dezember 2016 hob ein Berufungsgericht seinen in einem der Fälle erfolgten Freispruch auf und verhängte eine zehnjährige Gefängnisstrafe. Er konnte keine Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen, ohne nach Kuwait zurückzukehren.

Der frühere Parlamentsabgeordnete und prominente Regierungskritiker Musallam al-Barrak musste weiterhin eine Haftstrafe von zwei Jahren verbüßen, weil er die Regierung in einer Rede kritisiert hatte. Gegen ihn sind noch weitere Gerichtsverfahren wegen anderer Anklagen anhängig. Im November 2016 erhielt das Berufungsgericht die ausgesetzten Gefängnisstrafen gegen 13 Personen aufrecht, die Auszüge von Musallam al-Barraks Rede veröffentlicht oder zitiert hatten.

Im Februar 2016 bestätigte das Berufungsgericht die einjährige Gefängnisstrafe mit anschließender Ausweisung gegen Abdulhakim al-Fadhli, der sich für die Menschenrechte der Bidun eingesetzt hatte. Das Urteil war 2015 ergangen, nachdem er an einer friedlichen "nichtgenehmigten Demonstration" teilgenommen hatte. Er wurde im April 2016 festgenommen, um seine Strafe anzutreten, die im Mai vom Kassationsgericht bestätigt wurde. Im Juni 2016 verfügte das Kassationsgericht für Ordnungswidrigkeiten, ihn bis zum Abschluss der Urteilsprüfung auf freien Fuß zu setzen. Abdulhakim al-Fadhli wurde im August 2016 aus der Haft entlassen, nachdem er drei Monate wegen einer anderen Rechtssache im Gefängnis gesessen hatte. Als das Kassationsgericht für Ordnungswidrigkeiten im September am ursprünglichen Strafmaß festhielt, stellte sich Abdulhakim al-Fadhli freiwillig den Behörden.

ANTITERRORMAßNAHMEN UND SICHERHEIT

Die Zahl der Festnahmen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit terrorismusbezogenen Vorwürfen stieg an. Gerichte verurteilten mindestens zwei Angeklagte zum Tode und weitere zu Gefängnisstrafen. Ein Gesetz aus dem Jahr 2015, das alle kuwaitischen Staatsangehörigen und in Kuwait ansässigen Personen verpflichtet, eine DNS-Probe abzugeben, trat im Juli 2016 in Kraft. Zuvor hatten sich Stimmen auf nationaler und internationaler Ebene für eine Änderung ausgesprochen, da das Gesetz unverhältnismäßig sei und eine Verletzung des Rechts auf Privatsphäre darstelle. Das Gesetz schreibt fest, dass jede Person, die dieser Aufforderung nicht nachkommt und keinen triftigen Grund für ihre Weigerung nennen kann, mit bis zu einem Jahr Haft und/oder einer Geldstrafe von bis zu 10000 Kuwaitischen Dinar (rund 30000 Euro) bestraft werden kann.

Im Mai 2016 bestätigte das Kassationsgericht das Todesurteil gegen einen Mann, der für schuldig befunden worden war, im Juli 2015 den Bombenanschlag auf die Imam-Sadiq-Moschee in Kuwait-Stadt verübt zu haben. Die Strafe für seinen Mitangeklagten wurde auf 15 Jahre Gefängnis herabgesetzt. Das Gericht ließ "Geständnisse" als Beweismittel zu, die Berichten zufolge unter Folter und anderen Misshandlungen zustande gekommen waren.

Im Januar 2016 verurteilte der Strafgerichtshof zwei Männer zum Tode und 20 Angeklagte zu Gefängnisstrafen von fünf Jahren bis lebenslänglich. Die Anklagen lauteten u. a. auf "Spionage für den Iran und für die Hisbollah". Einige der 26 Angeklagten gaben an, während der Untersuchungshaft von Sicherheitsbeamten gefoltert worden zu sein, um "Geständnisse" von ihnen zu erpressen. Das Gericht ordnete keine Untersuchung dieser Vorwürfe an. Im Juli 2016 bestätigte ein Berufungsgericht eines der Todesurteile, reduzierte die Gefängnisstrafen von einigen weiteren Angeklagten und sprach neun Angeklagte frei. Anschließend ordneten die Behörden an, gegen 17 der Angeklagten neue Verfahren wegen Straftaten im Zusammenhang mit Terrorismus zu eröffnen.

ENTZUG DER STAATSBÜRGERSCHAFT

Im April 2016 wies das Kassationsgericht für Verwaltungsangelegenheiten eine Entscheidung des für Berufungsverfahren zuständigen Verwaltungsgerichts zurück, wonach die Klage des ehemaligen Parlamentsabgeordneten Abdullah Hashr al-Barghash, dem auf Anordnung der Regierung die kuwaitische Staatsbürgerschaft aberkannt werden sollte, nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts falle. Im Dezember 2016 wies das Kassationsgericht das dagegen von Abdullah Hashr al-Barghash eingelegte Rechtsmittel ab.

DISKRIMINIERUNG VON <em>BIDUN</em>

Mehr als 100000 staatenlosen Bidun mit Wohnsitz in Kuwait wurde die Staatsbürgerschaft auch 2016 vorenthalten. Im Mai 2016 billigte das Parlament einen Gesetzentwurf, der mehr als 4000 Bidun die kuwaitische Staatsangehörigkeit gewähren könnte, und leitete ihn an das Parlament weiter. Ende 2016 war das Gesetz noch nicht in Kraft getreten. Die Regierung des Inselstaats der Komoren teilte im Mai 2016 mit, dass sie Bidun eine "wirtschaftliche Staatsangehörigkeit" verleihen könnte, wenn ein offizielles Ansuchen der kuwaitischen Regierung einginge.

FRAUENRECHTE

Frauen wurden nach wie vor durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert. Im Mai 2016 billigte der kuwaitische Ausschuss für Gesetzgebung und Rechtsangelegenheiten einen Vorschlag für eine Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes, dem zufolge kuwaitische Frauen ihre Staatsangehörigkeit auf ihre Kinder übertragen könnten, und zwar unabhängig von der Nationalität der Väter. Die Gesetzesänderung war zum Jahresende 2016 noch nicht in Kraft getreten.

RECHTE VON ARBEITSMIGRANTEN

Arbeitsmigranten, die in Privathaushalten, im Baugewerbe oder in anderen Branchen beschäftigt waren, wurden von ihren Arbeitgebern unter dem Sponsorensystem (kafala) weiterhin ausgebeutet und misshandelt. Dieses System bindet Arbeitsmigranten sehr eng an ihre Arbeitgeber. Die Beschäftigten können ohne Zustimmung ihrer sogenannten Sponsoren weder die Arbeitsstelle wechseln noch das Land verlassen. Im Juli 2016 setzte die Regierung per Dekret einen Mindestlohn für Hausangestellte fest, bei denen es sich überwiegend um Frauen handelt.

TODESSTRAFE

Auch im Jahr 2016 verhängten Gerichte Todesurteile für Straftaten wie Mord und für Drogendelikte. Es lagen jedoch keine Berichte über Hinrichtungen vor.

Weitere Artikel